Jetzt scheint es zu spät zu sein.
Mit gesenktem Haupt steht du da, unfähig, dir noch selbst in die Augen zu blicken. Der Schmerz und die Enttäuschung, die Erschütterung, sie sind einfach zu gross.
Dein ganzes Leben hast du darauf verschwendet alles richtig zu machen, eine Erfolgsgeschichte zu schreiben, deine Eltern stolz zu machen und die teils hohen Erwartungen zu erfüllen, die in dich gesetzt wurden, die nicht zuletzt du daraufhin in dich gesetzt hast. Du hast nichts unversucht gelassen um ein gefälliges Bild von dir zu schaffen für diejenigen, von deren Meinung und Wohlwollen du abhingst. Stolz war eine der Regungen, die dieses Bild von dir auslöste. Es hat dich eitel gemacht, das Zusammensein mit dir gleichte manches Mal fast schon einem Statussymbol.
Und doch stehst du nun vor einem Scherbenhaufen. Kaum ein Fragment deiner Biografie hat echte Substanz, sie erscheint vor dir wie ein geschönter Lebenslauf. Deine Abgründe und tiefsten Sehnsüchte hast du stets erfolgreich verheimlicht und so bist du zu einer gespaltenen Person geworden. Den Menschen, die an dich geglaubt haben und dir anscheinend nahe standen hast du Lüge um Lüge präsentiert. Und sie glaubten dir bereitwillig, sie wollten dich selbst gar nicht anders wahrhaben. Euer Betrug aneinander war wie ein Transquilizer, um eure Komfortzonen nur nicht in Aufruhr zu bringen.
Und jetzt ist alles gegangen, sind alle gegangen. Du hast alles verloren, kein Teil mehr, das dich kleidet und dich wärmt, kein Stück Gold mehr, dass dich zu Nähren in der Lage ist. Die nackte Wahrheit lässt dich zerbrechlich erscheinen, ängstlich und verletzbar.
Hättest du deine wahrhaft dünne Haut doch nur früher mal der Sonne ausgesetzt…