In deinen Augen liegt eine tiefe friedliche Erschöpfung, sie haben durch ein ganzes Leben hindurch gesehen. Sie erzählen von Angst, Verlassenheit, Verlust, Hass, Liebe, Mut, Freude, Freundschaft, Schönheit, Einsamkeit, Sehnsucht. Du weißt, dass das Ende bevorsteht, aber es dämmert dir, dass du eigentlich nichts weißt. Dieser vermeintlich nächste Schritt, der ein Ende zu sein scheint, ist nicht das, was er vorgibt. Deine Vorstellungskraft hat Bilder der Hoffnung, der Erlösung gezeichnet, weil die Vorstellung, dass es einfach nichts zu wissen gibt, nichts, worauf du dich verlassen kannst, nichts Nächstes, nichts, was geheilt und befreit werden kann, zu bedrohlich war. Wie hättest du angesichts des unausweichlichen Todes einfach weiterleben können, ohne Hoffnung, auf eine bessere Zukunft?
Und nun bist du hier, und die Zukunft bricht zusammen. Es gibt keine Hoffnung mehr auf noch etwas Besseres, die Zeit scheint abzulaufen. Viele deiner Träume haben sich erfüllt, aber dennoch bleibt eine seltsame Sehnsucht, ein unbestimmtes Erkennen, dass diese subtile Leere, die du mit Sinn und Zweck zu füllen versucht hast, niemals gesättigt werden kann. Du hast sie mit unzähligen Schichten lebendiger, aber verblassender Farben bedeckt und Geschichten mit verschwindender Tinte geschrieben. Alles scheint sich zu zerstreuen, wie Sand, der durch deine Finger rinnt. Du blickst zurück in deine Erinnerungen, der Ort, an dem du glaubst, dein Leben sei geschehen, dort, wo es noch lebendig war. Wo du lebendig warst. Und während du um das trauerst, was scheinbar dir gehörte und gehen musste, und um das, was du nie erreicht hast und dir nie gehörte, entsteht eine übermächtige Lebendigkeit, und du bist überwältigt von der Intensität dieser Lebendigkeit, die in der Tiefe deiner Trauer wohnt. Und dann erkennst du, dass diese Lebenskraft die Grundlage für jede Erscheinung, jede Empfindung, jede Erfahrung in deinem Leben war. Ein seltsames Gefühl der Unschuld steigt auf, und es scheint, als wäre nie etwas geschehen. Alles ist frisch, unberührt, unversehrt, unantastbar.
Deine Tränen, dein Lachen, dein Schmerz, deine Freude – sie alle werden in den schönsten und schillerndsten Farben und Formen auf die Leinwand dessen gemalt, was du für dein Leben gehalten hast. Und nun verblasst das Bild langsam.
Dein Blick wird sehr sanft, du schaust zurück auf eine Vergangenheit, die sich verflüchtigt, und nach vorne auf eine Zukunft, die niemals stattfinden wird. Ein tiefer Friede breitet sich aus und nimmt Besitz von dir. Dein ganzes Leben lang hast du versucht, etwas zu leisten, dich zu verbessern, die beste Version von dir selbst zu werden.
Und jetzt, wo deine Träume und deine Zukunft ein Ende finden, dämmert es dir: dies ist der Ort, an dem du sein sollst, es hat nie einen anderen Ort gegeben, wo du sein sollst. All das Streben, das Suchen, das Verlangen, das Fliehen, das Näherkommen, das Weglaufen, die Handlung, die Reaktion, der Lärm und die Stille – sie alle waren dieser Ort, an dem du sein solltest, es gab nie einen anderen Ort.
Und während du von diesem erhabenen Frieden absorbiert wirst und dich fragst, ob dieser Frieden Liebe ist, schließt du deine Augen und dein Herzschlag verwandelt sich in die Stille der Leere.