Homo Homini Lupus

Mit aller Kraft trittst du ihm ins Gesicht. Seine Zähne brechen knirschend, das Blut quillt schwallartig aus seinem Mund. Sein gequältes Stöhnen erinnert dich, sofort nachtreten damit es schnell aufhört. Das hörbare Knacken erreicht in diesem kurzen Augenblick deinen Verstand und sagt dir, dass sein Kieferknochen gebrochen ist. Wie im Rausch trittst du auf den wehrlosen Körper ein, dessen gekrümmtes Zucken sich mittlerweile in ein lebloses und widerstandsloses Ergehenlassen gewandelt hat.

Etwas in dir möchte, dass es aufhört, dass sie aufhören, aufhören, dich zu quälen, dass die Erniedrigung und der Schmerz den sie dir zufügen, aufhört. Mit jedem Tritt gibst du ihnen zurück, was sie in dich gepflanzt haben, zeigst die Blüte der Saat, die nun in voller Pracht in dir aufgegangen ist.

Mit verzerrtem Lachen stehst du über ihm, über ihnen, sind sie deiner Macht nun hilflos ausgeliefert. So wie du es einst warst und die Erinnerung beflügelt dich stark, zurück zu geben, was dir in die einst unschuldigen Hände gelegt wurde.

Kein Tag vergangen, an dem du nicht nach Vergeltung gesinnt hast, an dem die schwelende Glut der Rachsucht in dir erloschen wäre. Du hast den Hass bereitwillig in dir aufgenommen, gedeihen und wachsen lassen und ihm Raum in dir gegeben, sein Zimmer präzise und mit Liebe zum Detail eingerichtet. Hat er dich doch gelehrt dich vor der Demütigung zu schützen und die Folter zu ertragen, nicht aufzugeben und deinen Lebenswillen zu stützen anstatt ihn zu brechen.

Und nun stehst du vor dem leblosen Körper, dessen Leben du ausgetreten hast. Die Genugtuung währt nur kurz. Doch der paralysierende Schmerz hat sein vorübergehendes Ventil gefunden.