Adam 1.

Es geht dir eigentlich nicht schlecht und das ist aus einer bestimmten Perspektive auch noch gewaltiges Understatement. Dein Leben ist blendend und alles um dich herum läuft genau nach Plan und zwar nach deinem Plan. Du warst immer intelligent genug nichts dem Zufall zu überlassen und hast dir deine Ziele realistisch und ambitioniert gesetzt. “The sky is the limit” war immer dein Credo, und damit auch deine Grenze, deine überschaubare Grenze. Du hast Gefahren und Risiken immer genau abgewägt und bist du mal gefallen, so war da immer ein Netz, welches du dir mit wohlüberlegtem Risikomanagement geschaffen hast. Der freie Fall ist auch nicht wirklich etwas für dich, genausowenig wie es dich bislang gereizt hat einen Fuss hinter den sichtbaren Himmel zu setzen, hinüber in die dunkle und verschlingende Weite des Weltalls. Dort galten die Gesetze, auf die du dich hier verlassen konntest, möglicherweise nichts. Dein Mut und deine Risikofreude waren immer kalkuliert. Dass sich die Berechenbarkeit als deine grösste Schwäche entlarven wird weisst du zum jetzigen Zeitpunkt nicht.

Mit deiner Strategie bist du sehr erfolgreich geworden und hast dir sehr viel Anerkennung hart erarbeitet. Die Welt, beziehungsweise das, was du dafür hieltest, schien dir zu gehören, sie schien dir oftmals untertan und wenn sie es nicht sofort war, war es meist nur eine Frage des Preises. Gab es etwas, das dir unerreicht blieb? Etwas, das du dir nicht einverleiben konntest? Innerhalb deiner Grenzen gab es fast nichts: “the sky is the limit”.

Für das, was jenseits liegt hast du dich hingegen noch nie ernsthaft interessiert und bislang hat sich das Jenseits auch nicht für dich interessiert. Morbide Gedanken hatten in deinem planmässigen Leben mit all den kalkulierten Risiken keinen Platz. Es gab darin kein Jenseits, keine Unvorhersehbarkeit deiner Möglichkeiten. In deiner vom Himmel beschränkten Welt gibt es nichts, was du nicht mit starkem Willen und Engagement erreichen könntest. Deine Welt ist nichts für die Schwachen, jene, die nicht wissen wo es langgeht, jene, die nicht wissen, was sie wollen. Deine Zukunft ist bereits fertig wie ein gemachtes Grab. Du hast sie dir mit harter Arbeit geschaffen, mit Ehrgeiz, mit Ambition. Der Plan deines Lebens ging auf, alles, was noch geschehen soll ist bereits vorhersehbare Realisierung.

Also was soll das jetzt? Woher kommen diese pötzlichen und kurz aufscheinenden Gedankenfragmente, die sich leise flüsternd durch dein Ohr in deinem Kopf breit machen? Die dich seltsam anziehen und aufregen, um diese deine Begrenzung des Himmels zu überschreiten und in die Dunkelheit und Unberechenbarkeit des unüberschaubaren Weltalls einzutauchen?