Es ist der letzte Tag in diesem warmen, dunklen, feuchten Ort, an dem es keine Erinnerung an einen ersten Tag gibt. Es ist ein Ort des Wachstums, des Noch-Einsseins, des Nichtwissens, der Illusion von Sicherheit und Geborgenheit. Niemals möchte ich von dort entfliehen, die Idee des “Ich” oder “Entfliehens” existiert hier auch nicht. Es gibt noch keinen Namen für das Erleben, für das Leben, es gibt keine Trennung zwischen mir und dem Erleben. Tage und Zeit sind hier bedeutungslos, nichts wird gezählt, auf nichts wird gewartet, nichts vergeht, alles ist Pulsieren, diffuse Geräusche, Bewegung, Lebendigkeit.
Es ist ein dunkles Paradies in dem ich noch nichts von mir weiß, es gibt mich noch nicht wirklich, und es wird mich auch nie wirklich geben, nie wird mir ein Name gegeben, meine Form bleibt für immer unbekannt. Ich bin nicht hier um zu vollenden, ich bin nicht hier, ich bin nicht, ich bin.
Noch weiß ich nichts davon in diesem Traum, in den ich schwerelos und ahnungslos wachse. Namenlose vertraute Geräusche, die meine ganz langsam expandierenden Sinne aus noch ungetrenntem Einssein heraus durchdringen. Ich bin mit meiner unmittelbaren Umgebung verwachsen, getragen, gehalten.
Ich bin nicht wach, doch schlafe ich auch nicht. Meine Sinne erwachen, langsam, noch sehr gedämpft erreichen mich die Eindrücke einer Welt „da draußen“, obgleich es die Idee einer „Welt“ und „draußen“ für mich nicht gibt. Alles ist hier „drinnen“, in dieser warmen, feuchten, dunklen Höhle der Schwerelosigkeit, der Ahnungslosigkeit. Das ist das Leben, das ist das ganze, vollkommene Leben. Es gibt mich nicht, es gibt dich nicht, hier sind wir sind noch ungetrennt, noch eins. Ich weiß nichts von dir, ich habe keine Vorstellung von dir. Ich weiß nichts von Mutter oder Vater, Gott, Geburt, Leben und Tod, Zeit und Vergänglichkeit. Nichts davon ist hier, nur die pure unmittelbare Existenz.
Ein plötzliches Ziehen durchdringt diese scheinbar ewige Zeitlosigkeit, dringt in das Erleben ein, immer stärker werdende Zugkräfte. Etwas reißt und zerrt an mir, reißt mich auseinander, ich werde zu dem, ich bin es. Zerrissen. Kurze Momente, ein Riss durch die Ewigkeit. Es sind intensive, fragmentierte Eindrücke, und für all das werde ich in diesem Leben nie Worte finden. Schmerz, Liebe, Freude, Trennung, Trauer, Tod werden mir in dieser Form nie begegnen, mein Erleben ist unmittelbar und namenlos.
Die vertraute Dunkelheit um mich herum verblasst, wird heller, grell.
Und dann geht das Licht aus.
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